Warum Vertrauen die Beziehung rettet – und Kontrolle sie zerstört
Wenn Kontrolle zur letzten Hoffnung wird
Sina kann nicht schlafen. Er hat ihre letzte Nachricht gelesen, aber nicht geantwortet.
Er hat gesagt, er sei müde, aber ihr Bauchgefühl flüstert: Da ist etwas faul.
Also schaut sie auf sein letztes Online-Zeichen. Durchforstet seine Likes. Scrollt sich durch alte Chats.
Und verliert dabei nicht nur den Schlaf – sondern auch sich selbst.
Was Sina da tut, tun viele – aus Angst. Sie nennen es Liebe, Fürsorge oder Intuition.
Aber was sie antreibt, ist etwas ganz anderes: Verlustangst.
Und das lähmt, wo eigentlich Vertrauen heilen sollte.
Selbstvertrauen stärken – warum das der wahre Beziehungsretter ist
Selbstvertrauen stärken heißt: Ich weiß, was ich wert bin – auch wenn du gerade nicht verfügbar bist.
Ich brauche dich nicht, um mich zu spüren. Ich will dich, ohne mich selbst zu verlieren.
Vertrauen ist das Fundament jeder gesunden Beziehung.
Aber bei Bindungsangst oder Verlustangst wird dieses Vertrauen oft ersetzt durch Kontrolle:
- ständige Nachrichten
- Kontrolle von Online-Status
- Bedürfnis, alles zu wissen, um sich sicher zu fühlen
- Wie darf ich mich zeigen, ohne abgelehnt zu werden?
- Einfordern von Liebesbeweisen
- Distanz als Sicherheitszone
- Gegen Erwartungen und Konfrontationen abgrenzen
- Schuldgefühle, wenn der andere sich zurückzieht
Doch je mehr du versuchst, Sicherheit im Außen zu finden, desto mehr verlierst du die Verbindung zu dir selbst.
Was hinter Kontrollverhalten wirklich steckt
Das Bedürfnis, alles zu kontrollieren, ist ein Schutzmechanismus.
Ein Versuch, das zu vermeiden, was einmal so wehgetan hat: Kindliche Erfahrungen von emotionaler Unsicherheit
Frühere Beziehungen mit unerwartetem Verlust
Innere Überzeugung: Ich bin nicht gut genug – ich muss kämpfen, damit man bleibt
Aber Kontrolle schafft keine Nähe. Sie erschafft Misstrauen – auf beiden Seiten.
Beispiel: Zwei Menschen, zwei Ängste
Sina will Klarheit. Sie fragt oft: Was denkst du gerade? Liebst du mich noch? Warum meldest du dich nicht?
Lukas fühlt sich bedrängt. Ich brauche Luft, sagt er. Und zieht sich zurück.
Sina spürt die Distanz – und klammert noch mehr. Lukas reagiert mit Rückzug.
Auch Lukas‘ Rückzug ist eine Form von Kontrolle. Er ist überzeugt, dass er sich in zu viel Nähe verliert, weil er nie gelernt hat, Grenzen zu setzen und für sich einzustehen.
Was beide nicht sehen: Beide haben Angst. Sina vor dem Verlassenwerden. Lukas vor dem Verlust seiner Freiheit.
Was sie bräuchten, ist Selbstvertrauen.
Was sie brauchen, ist echte Kommunikation.
Was sie leben, ist ein Kreislauf aus Angst, Rückzug und Schuld.
Checkliste: Kontrollierst du – oder vertraust du?
Beantworte die folgenden Fragen ehrlich:
- Schaust du regelmäßig, ob dein Partner online ist oder wann er zuletzt aktiv war?
- Wirst du unruhig, wenn Nachrichten nicht sofort beantwortet werden?
- Fühlst du dich nur dann sicher, wenn der andere sich oft meldet oder körperlich da ist?
- Versuchst du, Hinweise für Distanz oder Untreue zu finden, auch ohne konkreten Anlass?
- Redest du dir selbst ein, dass du einfach nur „sehr sensibel“ oder „intuitiv“ bist, obwohl du dich oft gestresst fühlst?
- Hast du Angst, dass du verlassen wirst, wenn du nicht kontrollierst?
- Fühlst du dich nicht liebenswert, wenn du dich einfach so gibst, wie du bist?
- Hast du Angst, dass du dich in der Beziehung verlierst, wenn du nicht für Abstand sorgst?
- Verlässt dich dein Partner, wenn er je dahinterkommt, wie du wirklich bist?
Wenn du dich bei mehreren Punkten wiedererkennst, bist du nicht allein.
Aber du hast auch die Möglichkeit, etwas zu verändern.
Exkurs: Was ist Selbstvertrauen?
„Du musst einfach mehr vertrauen.“ – ein gut gemeinter Rat, den viele hören, wenn sie in Beziehungen an ihre Grenzen stoßen.
Doch was bedeutet eigentlich Vertrauen? Und wie unterscheidet sich das von Selbstvertrauen?
Vertrauen ist nicht blind. Es ist die Entscheidung, nicht aus Angst zu leben.
Und genau da beginnt die Unterscheidung:
Vertrauen ins Leben – die große Perspektive
Das ist das Gefühl: Ich bin getragen.
Auch wenn Dinge anders laufen als geplant – ich werde damit umgehen können.
Menschen mit Lebensvertrauen können Veränderungen annehmen, ohne komplett den Halt zu verlieren.
Bei Bindungs- oder Verlustangst fehlt oft dieses tiefe Grundvertrauen.
Wir denken: Ich muss alles kontrollieren – sonst geschieht etwas Schlimmes, werde ich verlassen, sterbe ich.
Im Leben gibt es Umstände, Reaktionen oder Ereignisse, die dich aus der Bahn werfen können. Das könnte der Verlust von Geld, eine Zurückweisung deines Lieblingsmenschen oder eine hoffnungslose Diagnose sein. Vertrauen ist ein inneres Wissen, dass nichts passieren wird, was dich aus der Bahn wirft.
Wie weit du dem Leben vertrauen kannst, hängt vom Maß deiner Überzeugung ab, dass du den Herausforderungen des Lebens gewachsen bist. In deiner Erinnerung findest du massenweise Beispiele von Krisen oder unliebsamen Überraschungen, die du souverän gemeistert hast. All diese oder ähnliche Beispiele werden dich nicht mehr aus der Bahn werfen. Du weißt, dass du eine gute Antwort darauf in dir findest.
Vertrauen in dich – die Beziehungsbasis
Würdest du mit jemandem, dem du nicht vertraust, Pläne schmieden oder das Leben teilen?
Die wichtigste Beziehung in deinem Leben ist nicht die zu deinem Partner, Kind oder Eltern. Es ist die Beziehung zu dir selbst. Doch um diese Beziehung zu pflegen, gibt es wichtige Voraussetzungen.
Wenn du eine Beziehung eingehen willst, musst du jene Person lieben oder zumindest mögen. Du solltest ihr vertrauen und Respekt entgegenbringen. Und diese Person sollte es dir wert sein, Zeit, Fürsorge und Empathie entgegenzubringen, um sie zu stärken und zu stabilisieren.
Jede einzelne dieser Eigenschaften kann die Beziehung zerstören, wenn sie fehlt. Wie gut ist also deine wichtigste Beziehung? Darfst du dein Selbstvertrauen stärken? Bist du dir ein guter Partner?
Wenn du dir diese Eigenschaften nicht selbst entgegenbringst, kannst du es auch nicht glauben, dass ein anderer dies könnte. Wie also könntest du ihm vertrauen?
Selbstvertrauen – das innere Fundament
Selbstvertrauen bedeutet: Ich kann mich auf mich selbst verlassen.
Ich weiß, was ich wert bin – auch wenn ich von außen nicht bestätigt werde.
Ich kann unangenehme Gefühle annehmen, ohne andere dafür verantwortlich zu machen.
Ich darf Bedürfnisse haben, ohne mich kleinzumachen.
Selbstvertrauen ist nicht laut. Es ist eine leise innere Stärke.
Es schützt vor Kontrollzwang, Eifersucht, Rückzug oder emotionaler Abhängigkeit.
Denn wer sich selbst vertraut, muss nicht ständig „Beweise“ von außen suchen.
Selbstvertrauen ist der Schlüssel, wenn du aus den Kreisläufen von Angst und Kontrolle aussteigen willst.
Denn wenn du dir selbst vertraust, brauchst du niemanden festzuhalten, um dich sicher zu fühlen.
Selbstvertrauen stärken – so gelingt der Ausstieg
- Spüre deine Angst – und nimm sie ernst.
Sie ist ein Hinweis auf alte Wunden, keine Schwäche. Haben diese Wunden etwas mit deinem Partner zu tun? - Hör auf, im Außen Sicherheit zu suchen.
Beginne bei dir. Werde dir deines Wertes bewusst und sorge gut für dich – unabhängig vom Verhalten anderer. - Lerne, dich selbst zu regulieren.
Atme. Schreib. Sprich aus, was du fühlst – bevor du reagierst. - Glaub nicht alles, was du denkst.
Ist das wirklich wahr? Hinterfrage automatische Gedanken und Ängste. - Hol dir Unterstützung.
Ob durch Coaching, Therapie oder ehrliche Gespräche – du musst da nicht allein durch. - Übe neue Glaubenssätze:
Ich bin sicher, auch wenn du gerade nicht da bist.
Ich darf vertrauen – mir und dir.
Ich muss dich nicht kontrollieren, um gesehen zu werden.
Ich bin liebenswert – so wie ich bin.
Fazit: Selbstvertrauen stärken ist Beziehungspflege von innen
Vertrauen heilt, während Kontrolle trennt. Fange bei dem Vertrauen zu dir selbst an.
Und je mehr du dich selbst spürst, desto weniger brauchst du Beweise von außen.
Selbstvertrauen stärken heißt:
Ich wähle Nähe – ohne mich zu verlieren.
Ich liebe – ohne zu klammern.
Ich vertraue – weil ich mich selbst halte.
Dein Uwe
Wie selbstbewusst bist du in deiner Beziehung?
Hier gehts direkt zum Test
P.S. Zu vielen Themen gebe ich ganz private Einblicke in mein Leben und mein Learning. Falls dich das interessiert, lies unter dem roten Button weiter.
Wie das Thema der Woche mich betrifft
An Selbstvertrauen hat es mir selten gefehlt, schließlich musste ich alles alleine schaffen, weil ich niemandem zur Last fallen wollte. Ich bewies mir immer wieder, dass ich auf niemanden angewiesen bin, und war ebenso geduldig wie kreativ, wenn es darum ging, mir neue Dinge beizubringen. Somit konnte ich in meiner Erinnerung viele Beweise dafür finden, dass ich sämtlichen Herausforderungen gewachsen bin. Ich mache einfach immer das Beste daraus. Leider endete das Selbstvertrauen, sobald es um soziale Kontakte ging. Als Jugendlicher dachte ich tatsächlich, dass ich eine Insel bin und niemanden brauche. Jemanden zu brauchen, interpretierte ich nicht nur als Schwäche, sondern vor allem mit Gefahr. Somit war ich für lange Zeit überzeugt, dass Unabhängigkeit, Freiheit und Selbstbestimmung die höchsten Werte sind. Dies blieb auch in den meisten Beziehungen so, viele meiner Partnerinnen hatten das Gefühl, mich nie richtig kennengelernt zu haben. Warum ist das so, und was hatte das mit Kontrolle oder Vertrauen zu tun?Meine vermeintliche Stärke ist aus Angst gemacht. Aus Angst, mich mit anderen Menschen auseinanderzusetzen, mit ihnen zu interagieren, und vor allem vor der Angst, mich nicht mehr abgrenzen zu können, wenn ich die Verbindung zuließ. Der Ur-Impuls kam aus meiner Eltern-Bindung. Ich traute ihnen nicht zu, meine Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse tragen zu können. Ich übernahm die Verantwortung für diese Bindung, weil sie für mich wichtiger war als meine Bedürfnisse und Gefühle. Ich vertraute nicht meinen Eltern – sondern kontrollierte, was sie von mir erfuhren, um die Bindung zu beschützen. Ich machte es mit mir alleine aus, denn als Sonnenschein bekam ich mehr Zuwendung. Dabei lernte ich, dass Liebe an Bedingungen geknüpft ist. So wie ich bin, bin ich nicht genug. Ich muss Erwartungen erfüllen und jemanden spielen, der liebenswerter ist als ich. Das ist ziemlich frustrierend und anstrengend. Wenn ich alleine bin, kann ich „ich selbst“ sein. Ein wirklich gutes Gefühl. Bindung heißt sich verlieren?Immer wenn ich mit jemandem zusammen war, verlor ich mich in der Erwartungserfüllung, und das noch bevor die ersten Erwartungen des Partners ausgesprochen waren. Ich bin ja überzeugt, dass ich mit meinen Gefühlen und Bedürfnissen „zu viel bin“. Also ist die erste Erwartung, all das, was ich an mir ablehne, zu verbergen.
Und ich nannte es Freiheit. Meine Beziehungen waren mein selbstgebautes Gefängnis. Die Tür war nicht abgesperrt, doch ich wagte es nicht, mich zu befreien. Ein neuer Weg Alleine die Erkenntnis über die verzwickten Zusammenhänge veränderte schon viel bei mir. Damit war die Angst nicht einfach weg, denn die Prägung war einschneidend und ich habe mir diese Wahrheit jahrzehntelang bestätigt. Aber ich kann Schritt für Schritt immer mehr ins Vertrauen gehen. Auch die offenen Gespräche mit meiner Partnerin und ihr Angebot, mich ganz ohne Druck aus meinen alten Mustern zu befreien, hat mir sehr geholfen. Es bedarf einer gewissen Bewusstheit im Alltag und manchmal auch eines liebevollen Hinweises, denn die Muster tarnen sich als hilfreiche und notwendige Reaktionen. Es dennoch zu bemerken und anders als gewohnt zu handeln, war der Schlüssel zu echter Freiheit.
Wo kontrollierst du, statt zu vertrauen? Wo belügst du dich selbst? Glaubst du, dein Partner müsste dir Sicherheit geben? Fühlt sich das frei an? |
Mach dir deine Beziehung schön,
Dein Uwe
Teile diesen Beitrag ganz einfach mit einem Klick auf:
Themenstruktur "Selbstbewusstsein stärken"
Wie hilfreich war dieser Beitrag?
Klicke auf die Sterne um zu bewerten!
Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 2
Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.
Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!
Lasse uns diesen Beitrag verbessern!
Wie können wir diesen Beitrag verbessern?