Das Gesetz der Umkehrung in Beziehungen
Die Auswirkung des Gesetzes der Umkehrung fühlt sich manchmal so an, als ob ich in einem endlosen Kreislauf gefangen bin. Jedes Mal, wenn ich glaube, die Kontrolle zu haben und mich vor Schmerz und Enttäuschung schützen zu können, passiert das Gegenteil. Ich versuche mich in der Beziehung nicht zu sehr einzulassen, um mich zu schützen und nicht zu verletzt zu werden – und in der Folge wird es immer enger, und ich werde verletzt. Was ich erst spät verstanden habe ist, dass mein Verhalten nach einem Gesetz funktioniert, das mich immer wieder überrascht. Je mehr ich versuche Nähe und Verletzlichkeit zu vermeiden, desto mehr schaffe ich genau das, was ich fürchte.
Das Gesetz der Umkehrung: Ein Kreislauf des Schmerzes
Von außen betrachtet, könnte es so aussehen, als ob ich keine Angst habe. Ich bin unabhängig, selbstsicher, vielleicht sogar ein wenig distanziert. Aber innerlich sieht es ganz anders aus. Nähe ist für mich eine Bedrohung, und ich fürchte nichts mehr, als verletzt zu werden. Also halte ich Abstand, und lasse nur so viel von mir selbst sehen, wie ich es für sicher halte. Aber was passiert wirklich? Je mehr ich mich schütze, umso unsicherer werde ich. Mein Partner setzt mich ins Unrecht, und erwartet mehr Intimität. Weil ich dazu nicht bereit bin wird mein Partner immer mehr meine Nähe suchen was mich wiederum in die Flucht schlägt um die Distanz wiederherzustellen, in der ich mich sicher fühle. Auf lange Sicht wird sich mein Partner von mir abwenden und mich verletzen, denn genau dieses Verhalten treibt die Menschen von mir weg, die mir wichtig sind.
Das gleiche funktioniert für meinen Partner:
Die Umkehrung geschieht, weil mein Vermeiden von Nähe und Verletzlichkeit den inneren Mangel an Nähe und Zuwendung in meinem Partner verstärkt. Der Versuch, diese Nähe und Geborgenheit herzustellen wird zum Bumerang. Je mehr mein Partner erwartet oder tut um Zweisamkeit zu erzeugen, desto mehr wende ich mich von ihm ab. Je mehr mein Partner sich verbiegt weil er glaubt „nicht ok“ zu sein, desto mehr verliere ich den Respekt vor ihm. Je mehr ich mich von ihm abwende, desto mehr klammert er sich an mich und baut Druck auf. All seine Versuche die ersehnte Nähe herzustellen lösen in mir Panik und Flucht aus, also das genaue Gegenteil.
Das Gesetz der Umkehrung auf den Punkt gebracht: Das Vermeiden von Leid ist eine Form von Leid. Denn das Verfolgen dieses Wunsches nach weniger Leid, verstärkt die Wahrnehmung darauf, dass mir die Zufriedenheit fehlt. Je verzweifelter ich versuche angenommen und geliebt zu werden, desto einsamer und ängstlicher werde ich, ganz gleich wie sich mein Partner verhält.
Der Wunsch nach einer positiven Erfahrung ist eine negative Erfahrung! Paradoxerweise ist das anerkennen und akzeptieren von negativen Erfahrungen eine positive Erfahrung. (Frei nach Mark Manson)
Beispiele aus dem echten Leben
(Namen geändert)
Sarah und ich hatten von Anfang an eine besondere Verbindung. Sie war offen, liebevoll und wollte eine tiefe Beziehung zu mir aufbauen. Doch je mehr sie sich öffnete, desto mehr zog ich mich zurück. Ich hatte Angst, dass sie, wenn sie mich wirklich kennenlernt, zwangsläufig gehen würde. Also hielt ich meine Gefühle zurück und ließ sie nicht wirklich nah an mich heran. Doch das hat ihre Unsicherheit und Selbstzweifel verstärkt. Sie begann, sich immer mehr an mich zu klammern, und ich fühlte mich erdrückt. Das führte zu den Konflikten, die ich eigentlich vermeiden wollte, und schließlich zur Trennung.
Julia war anders. Sie gab mir Raum, drängte nicht und ließ mir mehr Freiheit als ich brauchte. Aber genau das machte mich unsicher. Ich begann, jede ihrer Handlungen zu hinterfragen. Hatte sie jemand anderen? War sie wirklich an mir interessiert? Meine Unsicherheit führte dazu, dass ich mehr von ihr forderte, obwohl ich gleichzeitig versuchte auf Distanz zu bleiben. Das Hin und Her zerstörte unsere Beziehung, und wieder stand ich vor den Trümmern dessen, was ich so sehr zu vermeiden versucht hatte.
Die dahinterliegenden Intentionen
Warum handle ich so? Warum treibe ich genau die Menschen weg, die mir am wichtigsten sind? Es ist die Angst vor Verletzlichkeit, die tief in mir verwurzelt ist. Diese Angst stammt oft aus der Kindheit oder vergangenen Erfahrungen, in denen ich verletzt oder verlassen wurde. Mein Verstand sagt mir, dass es sicherer ist, Abstand zu halten und nicht zu viel zu zeigen, um nicht wieder enttäuscht zu werden. Doch genau das führt zu den Problemen. Mein Vermeiden von Nähe verstärkt die innere Unsicherheit meines Partners der aus Verzweiflung anfängt zu klammern.
Unser Fokus auf unser jeweiliges Leid verstärkt unsere empfundene Unzufriedenheit. Sowohl meine Angst als auch ihre innere Leere wird größer und wir erleben genau das, was wir mit unserem Handeln vermeiden wollten.
Wie ich den Kreislauf des Gesetz der Umkehrung durchbrechen kann
1. Erkennen des Musters:
Ich musste lernen, die Dynamik, bzw. das Muster zu erkennen. Das Gesetz der Umkehrung besagt, dass mein Versuch, mich zu schützen, oft das Gegenteil bewirkt. Dieses Bewusstsein, und die Akzeptanz meines Vermeidungsmusters war der erste Schritt, um mein Verhalten zu ändern.
Beispiel: Nach meiner Trennung von Sarah habe ich angefangen, über mein Verhalten nachzudenken. Ich erkannte, dass ich durch meinen Rückzug und meine Unsicherheit genau das verursacht hatte, was ich vermeiden wollte.Die Akzeptanz meiner bisher unbewussten Verhaltensmuster ermöglichte es mir, bewusster zu handeln.
2. Offene und ehrliche Kommunikation:
Ich lernte, dass es wichtig ist, offen und ehrlich über meine Ängste zu sprechen. Anstatt meine Gefühle zu verstecken, begann ich, sie zu teilen – auch wenn es mir anfangs schreckliche Angst machte.
Beispiel: Als ich mit meiner neuen Partnerin über meine Angst vor Nähe sprach, verstand sie mich besser. Wir konnten gemeinsam daran arbeiten, eine Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden. Nachdem sie die Dynamik verstand fiel es leichter, mir von Zeit zu Zeit den Raum zu geben den ich brauchte.
3. Arbeit an meiner Verletzlichkeit:
Ich begann, mich meiner Verletzlichkeit zu stellen, anstatt sie zu verstecken. Es war nicht einfach, aber ich erkannte, dass Verletzlichkeit keine Schwäche ist, sondern eine Stärke, die in einer Beziehung unabdingbar ist.
Beispiel: Bei einem Streit mit meiner Partnerin zog ich mich nicht zurück, sondern zeigte ihr, wie sehr mich bestimmte Themen verunsicherten. Ihre Reaktion war überraschend positiv, und wir konnten eine Lösung finden, die uns beide stärkte. Mich trotz meiner Angst vor Verletzlichkeit zu erklären, durchbrach den Kreislauf der Umkehrung.
4. Balance finden zwischen Nähe und Distanz:
Ich lernte, dass es in einer Beziehung darum geht, eine Balance zwischen Nähe und Distanz zu finden. Es ist in Ordnung, Raum zu brauchen, solange ich bereit bin, auch wieder Nähe zuzulassen.
Beispiel: In meiner neuen Beziehung achte ich darauf, sowohl meine Freiräume zu haben, als auch Zeiten zu schaffen, in denen ich mich bewusst für Nähe öffne. Dazu erweiterte ich zunächst mein Verständnis für meine unbewussten Muster, und konnte mich so bewusster für eine Partnerin entscheiden, die ein ähnliches Autonomiebedürfnis hat.
5. Therapie als Unterstützung:
Die Entscheidung, mir ein Coaching zu gönnen, war ein entscheidender Schritt für mich. Ein Coach half mir, die tieferliegenden Ängste und Glaubenssätze zu erkennen und gesündere Strategien zu entwickeln.
Beispiel: Durch meinen Coach erkannte ich, dass viele meiner Ängste aus meiner Kindheit stammen. Ich lernte immer mehr, diese Ängste vor Nähe und vor Konfrontationen zu akzeptieren, zu verarbeiten und loszulassen. Statt alle beängstigenden Situationen zu meiden bleibe ich immer öfter im Feuer stehen, und stelle mich der Herausforderung.Damit durchbreche ich das Gesetz der Umkehrung immer weiter.
Fazit
Das Vermeiden von Leid ist eine Form von Leid. Dagegen ist das Anerkennen unserer negativen Muster eine positive Erfahrung. Erst hierdurch gewinnen wir die Handlungsmacht, etwas zu bewegen. Wir werden vom Opfer zum Gestalter.
Das Paradoxon des Gesetzes der Umkehrung zeigt uns, dass der Versuch, sich vor Verletzlichkeit zu schützen, oft genau zu den Verletzungen führt, die wir fürchten. Indem ich lernte, meine Ängste anzuerkennen, offen darüber zu sprechen und meine Verletzlichkeit zu zeigen, konnte ich den Kreislauf durchbrechen. Es war ein langer Weg, aber ich habe erkannt, dass echte Nähe und Liebe nur entstehen kann, wenn ich bereit bin, durch meine Angst zu gehen und mich wirklich zu öffnen. Nur so konnte ich die Beziehung führen, nach der ich mich immer gesehnt habe.
Mach dir dein Leben schön
Dein Uwe
Themenstruktur "Beziehung retten"
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Sehr schön geschrieben lieber Uwe! Was für ein langer Weg, schade, ist nur, dass viele es gar nicht erkennen oder erst so spät ,dass viele Beziehungen davor keine Chance bekamen gemeinsam zu heilen und zu wachsen! Daran sehe ich auch eine wichtigen Teil, dies einmal anzuerkennen, was vorherige Beziehungen und Menschen für Leid und Hilflosigkeit dadurch erlebt haben beide in Beziehung als Paar oft ohnmächtig damit alleine waren und sich durch diese Erfahrungen weitere tiefere Ängste entwickeln, die erstmal wieder abgebaut werden dürfen. Doch ja, diese tiefgreifende Erkenntnis paradoxerweise anzuerkennen und zu akzeptieren von negativen Erfahrungen kann und ist einer Schritt und dadurch – eine positive Erfahrung! Merci!
Ich danke dir für deine Gedanken, liebe Nicole.
Ich finde es ist tragisch aber notwendig, wie viele Beziehungen wir brauchten, oder wie viel Leid wir verursachten oder aushalten mussten.
Denn jede dieser Beziehungen haben wir gebraucht um hier anzukommen wo wir sind, und das gilt natürlich auch für unsere (Ex-)Partner. Ohne diesen Leidensdruck würden wir uns nicht reflektieren. Und ohne Reflexion gibt es keine Akzeptanz unserer eingenen Anteile am jeweiligen Leid.
Erst diese Akzeptanz ermöglicht es uns, die Muster zu erkennen und uns mit ihrer Ursache zu beschäftigen.
Solange wir glauben dass mit unserem Partner etwas nicht stimmt, bleiben wir handlungsunfähig, bzw, in unseren Mustern gefangen.