Unterordnung durch Prägung in modernen Beziehungen.

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Prägung und Geschlechterrollen

Die Rollen von Mann und Frau in Klischee und Realität

In einer Zeit, in der Geschlechterrollen zunehmend hinterfragt und neu definiert werden, bleibt die Dynamik zwischen Mann und Frau in Beziehungen ein komplexes Thema. Trotz des Fortschritts in der Gleichstellung der Geschlechter haben alte Muster und Prägungen immer noch Einfluss auf die Art und Weise, wie wir uns in unseren Beziehungen verhalten.

Insbesondere Unterordnung und Überanpassung sind Phänomene, die in modernen Beziehungen weiterhin existieren, oft aufgrund tief verwurzelter Prägungen aus unserer Kindheit, Kultur, und Gesellschaft. Die Art und Weise, auf die wir als Kind die Realität vorgelebt bekommen, zementiert sich in unserem Unterbewusstsein (nahezu) unauslöschlich ein.

Da wir keine Referenzerlebnisse haben bleibt das Rollenverständnis unserer Bezugspersonen als „einzige Wahrheit“ hängen. Dies wiederholt sich seit vielen Generationen, und es wirkt sich in alle Lebensbereiche aus. Vor allem aber bekommen wir es in unserem Bindungsverhalten zu spüren. In der Enge unserer Beziehung erleben wir die Psychodynamik unseres gegenseitigen Verhaltens unmittelbar.

Die Keimzelle der Bindungsangst

In unseren Generationen war es „Normal“, dass Kinder zu funktionieren hatten. Wiederspruch wurde nicht geduldet, und eigene Bedürfnisse oder Wünsche mussten hinter denen der Eltern anstehen. Der Wille der Eltern war Gesetz. Die Botschaft, die uns als Kinder erreichte war: „Du bist nicht wichtig“, „Du bist nicht OK“, oder „Deine Bedürfnisse und Wünsche zählen nicht“.

Je nachdem, wie unsere Bezugspersonen ihre Nähe aufzwängten, entzogen, oder von Bedingungen abhängig machten, entstand daraus unsere Überzeugung, dass wir unseren Beziehungen hilflos ausgeliefert sind. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir Beziehungen nicht mitgestalten können. Unsere Alternativen sind also Anpassung oder Vermeidung.

Unterordnung und Überanpassung: Die Prägung von Geschlechterrollen

Zusätzlich wurden viele von uns von klein auf mit bestimmten Vorstellungen darüber erzogen, wie sich Männer und Frauen in einer Beziehung zu verhalten haben. Mädchen wurden oft dazu ermutigt, sich „lieb“, „nett“ und „gefügig“ zu verhalten, während Jungen dazu ermutigt wurden, „stark“, „dominant“ und „entscheidungsfreudig“ zu sein.

Mädchen werden in die Rolle des „schwachen Geschlechts“ gedrängt, in dem starke Gefühle wie Wut oder Stolz nicht erwünscht sind. Ihre Verantwortung ist das Wohlergehen der Familie, das pflegen des Heimes und der sozialen Kontakte.

Jungen dagegen durften oft ihre weichen Gefühle wie Trauer, Angst oder Scham nicht ausleben, weil sie die Rolle des „starken Geschlechts“ zu erfüllen hatten. Wer seine weiche Seite zeigte wurde gnadenlos gehänselt und verhöhnt. In seiner Verantwortung liegt das Versorgen, und der Schutz der Familie.

Diese Prägungen, zusammen mit der Überzeugung, „nicht OK“ zu sein, führen dazu, dass Frauen sich in Beziehungen unterordnen und Männer sich überangepasst verhalten. Beide sind Großteiles von ihren Gefühlen abgeschnitten. Erstens weil das Abspalten eines unerwünschten Gefühls, auch das Verblassen der der gewünschten Gefühle zur Folge hat, und zweitens, weil wir gelernt haben, dass Anpassung leichter zu ertragen ist, wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse nicht spüren.

Wir wollen den vermeintlichen Erwartungen der Gesellschaft, und jenen des Partners entsprechen. Unbewusst assoziieren wir dabei häufig den Partner mit den (damals) übermächtigen Eltern, und dem ohnmächtigen Gefühl, gegen sie nichts ausrichten zu können.

Die Auswirkungen in modernen Beziehungen

In modernen Beziehungen führt diese Prägung zur Unterordnung und Überanpassung zu einer Vielzahl von Problemen. Frauen, die sich unterordnen, vernachlässigen ihre eigenen Bedürfnisse, und konzentrieren stattdessen darauf, die Bedürfnisse ihres Partners zu erfüllen. Dies kann zu einem Ungleichgewicht in der Beziehung führen, welches langfristig zu Frustration und Aggression führt.

Auf der anderen Seite opfern Männer, die sich überangepasst verhalten, ihre eigene Identität und ihre wahren Bedürfnisse. Der Spagat, ein Klischee zu erfüllen, und gleichzeitig den Erwartungen ihrer Partnerin gerecht zu werden, ist so gut wie unmöglich. Dies kann zum weiteren Verlust des eh schon schwachen Selbstwertgefühls, und zu einem Gefühl der Entfremdung führen. „Im Grunde kenne ich dich gar nicht“ höre ich viele Frauen zu Ihrem Partner sagen.

Selbst wenn wir mit unserer Rolle als Mensch im Reinen sind, fühlen wir uns in unserer Rolle als Mann bzw. Frau häufig als Versager. Die Differenz zwischen dem, was wir in uns sehen,– und dem was wir sein wollen oder sollen,– scheint unüberbrückbar.

Der Weg zu gesunden Beziehungen

Um Unterordnung und Überanpassung in Beziehungen zu überwinden, ist es notwendig, sich der eigenen Prägung bewusst zu werden, und aktiv daran zu arbeiten, diese zu überwinden. Dies erfordert Selbstreflexion und offene Kommunikation mit dem Partner über die Rollen, und Erwartungen in der Beziehung, und als Individuum.

Es ist wichtig, dass beide Partner den Raum haben, um ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zu erforschen und auszudrücken, ohne Angst davor haben zu müssen, abgelehnt oder verurteilt zu werden. Das Gespräch über das eigene Erleben der Bindung zu den Eltern, und dem hinterfragen des vorgelebten Rollenverständnisses der Eltern kann hier sehr heilsam sein.

Die erfordert auch eine gesunde Distanzierung von den Eltern, die häufig noch als unfehlbar oder unangreifbar angesehen werden. Die Erkenntnis, dass wir als Kinder unmöglich „Falsch– oder nicht OK“ sein konnten, eröffnet uns die Möglichkeit, uns neu wahrzunehmen. Unsere Eltern haben sowohl in ihren Erziehungsmaßnahmen, als auch in ihren Rollenverständnis (bewusst oder unbewusst) schlimme Fehler gemacht.

Unsere Verantwortung ist es nun, diese Fehler ohne Verurteilung anzuerkennen, denn oft konnten und wussten sie es nicht besser. Auf keinen Fall darf diese Prägung als Ausrede für unser „schlechtes Leben“ dienen, sondern als Möglichkeit es besser zu machen, und ein neues Rollenverständnis weiterzugeben. Unsere Kinder sind meist schon Erwachsen, und wir haben unser unreflektiertes Rollenverständnis bereits „vererbt“.

Umso wichtiger ist es, uns jetzt zu reflektieren, und unseren Kindern zu zeigen, wie es besser geht. Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass die Wahrheit nicht im anderen Extrem, sondern viel näher als wir glauben, in der Mitte liegt. Wir dürfen die Größe haben, um die eigenen Fehler offen einzugestehen. Du hast die Chance, diese immerwährende, ungesunde, und überholte Prägung zu unterbrechen.

Fazit

Die Rollen von Mann und Frau in modernen Beziehungen sind komplex, und oft führen alte Muster und Prägungen zu Unterordnung und Überanpassung. Doch durch Selbstreflexion, offene Kommunikation und die Bereitschaft, alte Muster zu überwinden, können wir gesündere und erfüllende Beziehungen aufbauen, die auf gegenseitigem Respekt, Verständnis und Gleichberechtigung bauen. 

Sobald wir erkennen, dass die alte Prägung heute nicht mehr nützlich ist, kann das eigene Selbstbild, mit moderneren Vorgaben neu aufgebaut werden. Dies kann gelingen, indem wir die eigenen Bedürfnisse und Gefühle erforschen, und uns die Erlaubnis geben, nach ihnen zu leben. 

Den Besten Zugang zu Gefühlen und Bedürfnissen haben wir, wenn wir ganz alleine sind. Wie fühlst du dich, wenn kein Erwartungsträger präsent ist? Was tust, denkst, und fühlst du dann, und was machst du anders? Wie würde ein gutes Leben, mit einer guten Beziehung aussehen, in dem du einfach „du selbst“ bist?

Sprich mit deinem Partner darüber, und du wirst staunen, wie viel davon schon möglich ist. Falls dein Partner dafür nicht offen ist, hole dir bitte Hilfe von Außen, und sprich mit guten Freunden darüber. Deine Beziehung zu dir selbst, und zu deinen Kindern, sollte dir das wert sein.

Mach dir dein Leben schön

Dein Uwe

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