Warum Harmonie um jeden Preis nicht die Lösung ist!
In vielen Beziehungen streben wir nach Harmonie und Frieden. Wir möchten Konflikte vermeiden und uns gegenseitig glücklich machen. Doch häufig führt der Drang nach Harmonie dazu, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse und Gefühle unterdrücken.
Gerade bei Menschen mit Bindungsangst erlebe ich häufig einen ungesunden Umgang, oder das komplette vermeiden von Aggression und Wut, was zu einem stetig anwachsenden Berg von ungeklärten Konflikten führt.
Konstruktive Aggression in der Beziehung kann jedoch eine gesunde Möglichkeit sein, Konflikte anzugehen und echte Veränderungen herbeizuführen. Es gibt einige gute Gründe dafür, warum „Harmonie um jeden Preis“ nicht die Lösung ist.
Was ist konstruktive Aggression?
Konstruktive Aggression bezieht sich auf den Ausdruck von Ärger oder Unzufriedenheit in einer Beziehung auf eine Art und Weise, die konstruktiv ist und darauf abzielt, positive Veränderungen herbeizuführen. Es geht nicht darum, den anderen zu verletzen oder zu demütigen, sondern darum, auf Probleme aufmerksam zu machen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
Das Ziel ist nicht, den Partner zu besiegen oder recht zu haben. Es geht darum, beide zum Gewinner einer lebendigen Beziehung auf Augenhöhe zu machen. Wut ist ein elementares Gefühl, dass uns in die Handlung bringt, und unsere Bedürfnisse und Werte zum Ausdruck bringt. Meine Wut zeigt mir, dass etwas für mich falsch läuft, was einer Klärung bedarf. Diese Wut konstruktiv zu zeigen, bedeutet in Beziehung zu gehen! Sowohl mit mir, als auch mit meinem Gegenüber.
Es bedeutet echt und authentisch zu sein, und offen zu mir, als auch zu meinem Partner zu stehen. Ich suche die offene Kommunikation, und lasse diese auch zu, wenn mein Partner sich mit seinen Befindlichkeiten zeigt.
Woher kommt die Angst vor Aggression?
Das schlechte Bild von Aggression ist in vielen Köpfen durch die oftmals erlebte Gewalt im Elternhaus, und der daraus entstandenen Ohnmacht entstanden. Das kindliche Gefühl, eh nichts verändern zu können, oder es mit sich alleine ausmachen zu müssen, tragen viele Erwachsene heute noch in sich. Der Ursprung von Bindungsangst, ist die tief verwurzelte Annahme, die Dynamik in Beziehungen nicht mitgestalten zu können. (Nur alleine kann ich „ich-selbst“ sein, und bin nicht verwundbar)
Was ist destruktive Aggression?
Weil es für viele leichter verständlich ist, beleuchte ich einige sichere Anzeichen dafür, dass ein Konflikt ungesund ausgetragen wird. Sie alle sind häufig in Beziehungen mit Bindungsangst anzutreffen!
Aktive Formen:
- Gewalt in physischer oder emotionaler Form.
- Schreien und toben. Wer laut ist hat recht?
- Drohen und Machtspielchen.
- Vorwürfe, direkte Vergleiche, und Verallgemeinerungen.
- Jegliche Kritik persönlich nehmen, und sich rechtfertigen oder beleidigt sein.
- Wiederholtes herausholen und vorhalten uralter Verfehlungen
- Vorspielen und Missbrauch von Gefühlen wie weinen und Schuldgefühle erzeugen.
- Den Partner als Mensch verändern wollen, z.B. durch belehren oder Manipulation.
- Offenes verurteilen, und in Schubladen stecken in „Du-Botschaften“.
- Respektlosigkeit z.B. durch Starrköpfigkeit (Kein zulassen anderer Perspektiven und Argumente.
Passive Formen:
- Zurückziehen und schmollen.
- Vorenthalten von Ressourcen wie Liebe, Zeit, Geld, Sex, Nähe, Kinderkontakt, Meinung etc.
- Geheime Strichliste der Vergehen des anderen führen, und den Partner im unklaren lassen.
- So tun als wenn alles OK wäre
- Sarkasmus und Ironie
- Destruktives Verhalten des Partners auf sich selbst beziehen.
- Darauf warten, dass alles gut wird.
- Unausgesprochenes verurteilen, und in Schubladen stecken. (Ich weiß, wie du bist oder was du denkst)
- Einsicht vorgaukeln. So tun, als wenn ich die Meinung des anderen angenommen hätte, und doch dagegen rebellieren .
- Eigene Gefühle und Bedürfnisse unterdrücken, und nicht spüren wollen.
All diese Verhaltensweisen und Streitmuster haben eines gemeinsam. Sie trennen mehr als dass sie verbinden. Es sind effektive Mittel um sowohl die „konstruktive Kommunikation“, als auch das „in Beziehung gehen“ zu vermeiden. Auch, oder besonders die lauten und machtvoll erscheinenden Streitmuster, haben ihren Ursprung in einer tiefen Angst des Kontrollverlustes. Daraus kann keine echte Beziehung entstehen.
Beispiele für konstruktive Aggression in der Beziehung
Offene Kommunikation ist das Zauberwort, gerade wenn es unbequem wird. Statt Unzufriedenheit zu unterdrücken, ist es wichtig, offen über deine Gefühle zu sprechen. Sag deinem Partner, wenn du mit etwas nicht einverstanden bist oder wenn dich etwas stört. Sei dabei respektvoll und konstruktiv in deiner Kommunikation.
Gesunde Konflikte erzeugen keine Verlierer, und sind ein natürlicher Teil jeder Beziehung. Anstatt Konflikte zu vermeiden, akzeptiere sie als Möglichkeit, Probleme anzugehen und gemeinsam zu wachsen. Suche nach Kompromissen und Lösungen, die für beide Seiten akzeptabel sind.
Behaupte dich selbst, und stehe für deine eigenen Bedürfnisse und Grenzen ein, auch wenn es unbequem ist. Wenn du das Gefühl hast, dass deine Bedürfnisse nicht erfüllt werden, sei bereit, für sie einzutreten und deine Stimme zu erheben.
Warum Harmonie um jeden Preis nicht die Lösung ist
Harmonie um jeden Preis mag auf den ersten Blick verlockend erscheinen, aber sie ist unfair gegenüber deinem Partner, und führt langfristig zu Problemen. Wenn wir unsere eigenen Bedürfnisse und Gefühle unterdrücken, um Konflikte zu vermeiden, untergraben wir uns selbst und unsere Beziehung. Unterdrückte Emotionen stauen sich auf und führen zu Verbitterung oder Feindseligkeit. Nicht ausgesprochene Konflikte türmen sich zu einem Berg an Vergehen und unterdrückter Aggression auf, von der dein Partner keine Ahnung hat. Konstruktive Aggression ermöglicht uns, offen und ehrlich miteinander umzugehen und echte Veränderungen herbeizuführen. Angst vor Auseinandersetzungen ist das Gegenteil von Liebe.
Auswege aus der Falle der Harmonie um jeden Preis
Geh in die Stille und Selbstreflexion. Erkunde deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse in der Beziehung, und frage dich, ob du diese unterdrückst, um Konflikte zu vermeiden. Nimm dir die Zeit, deine Bedürfnisse, Gefühle, Grenzen, und Werte in Worte zu fassen, und sie anzusprechen. Finde Argumente, die die Berechtigung deiner Bedürfnisse und Grenzen unterstreichen.
Kommuniziere offen und ehrlich mit deinem Partner. Sprich in „Ich-Botschaften“ über deine Gefühle und Bedürfnisse und höre auch aktiv zu, wenn dein Partner seine eigenen Gefühle und Sichtweisen ausdrückt.
Akzeptiere Konflikte als natürlichen Teil jeder Beziehung und suche aktiv nach Lösungen, die für beide Seiten akzeptabel sind. Sei bereit, Kompromisse einzugehen und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Dein Partner hat keine Chance, deine Bedürfnisse zu erfüllen, wenn du sie nicht ansprichst.
Indem wir konstruktive Aggression in unserer Beziehung zulassen, können wir echte Veränderungen herbeiführen und eine gesunde und erfüllende Beziehung aufbauen. Je mehr wir uns mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen zeigen, desto echter und fairer wird deine Beziehung. Es macht den Unterschied, ob du in Beziehung mit deinem Partner lebst, oder neben einem Partner eine Show inszenierst.
Destruktive Streitmuster entspringen immer aus einem geringen Selbstwert. Deshalb ist es wichtig, klein anzufangen und stetig zu üben. Fange an, deine Bedürfnisse herauszufinden und ernst zu nehmen. Sprich sie zunächst einfach an, auch wenn der Partner dafür nicht offen zu sein scheint. Mit der Zeit wirst du (und auch dein Partner) lernen, mit Einwänden umzugehen, zu argumentieren, und immer besser zu dir selbst zu stehen. Falls du dir dabei Unterstützung wünschst, bin ich gerne für dich da.
Mach dir dein Leben schön
Dein Uwe
Themenstruktur Bindungsangst
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