Der Teufelskreis aus Nähe und Distanz!
Stell dir vor du bist in einer Beziehung, in der du dich ständig für deinen Partner verantwortlich fühlst, während dieser sich immer weiter von dir entfernt. Du versuchst alles, um die Beziehung zu retten, opferst deine eigenen Bedürfnisse und übersiehst dabei, wie du dich selbst immer mehr verlierst. Willkommen in der Welt der Co-Abhängigkeit; besonders herausfordernd, wenn dein Partner unter Bindungsangst leidet. In diesem Beitrag geht es darum, wie du dich aus diesem Netz befreien und eine gesündere Beziehung aufbauen kannst.
Was ist Co-Abhängigkeit?
Co-Abhängigkeit beschreibt eine Beziehung, in der eine Person ihr eigenes Wohlbefinden und ihre Identität weitgehend auf das Wohlbefinden des Partners ausrichtet. Dabei wird das eigene Selbstwertgefühl stark davon beeinflusst, wie es dem Partner geht und wie die Beziehung verläuft. In einer Partnerschaft mit jemandem, der unter Bindungsangst leidet, wird diese Dynamik besonders belastend.
Häufig finden sich zwei verschieden Bindungsängstliche zu einem Paar zusammen. Während zum Beispiel der eine aus einem Elternhaus stammt, in dem Nähe nicht verlässlich verfügbar war, kommt der andere aus einer Überbehütung oder Parentifizierung. (Das heißt, dass er zu früh zu viel Verantwortung für eine Bezugsperson übernehmen musste.)
Im Ergebnis sucht der eine die Nähe, die er nie bekommen hat, während der andere die Autonomie sucht, um nie mehr emotional abhängig zu sein. Anfangs fanden beide den anderen reizvoll und bewundernswert, weil sie sich nach dessen Eigenschaften sehnten, doch dann begann die Dynamik der Bindungsangst zu wirken.
Beide haben Angst den anderen zu verlieren und tun alles, um die Beziehung zu retten. Leider haben beide Glaubenssätze, die die Beziehung sabotieren. Je mehr sie sich anstrengen, desto schlimmer wird es. Beide passen sich unbewusst an und verlieren sich selbst, ohne zu verstehen, was der andere wirklich braucht. Sie können nicht miteinander und auch nicht ohne den Partner. Die Co-Abhängigkeit ist geboren.
Beispiele für Co-Abhängigkeit durch Bindungsangst
Jana liebt Paul über die Maßen und tut alles, um ihn glücklich zu machen. Sie merkt, dass Paul sich immer mehr zurückzieht, je mehr sie versucht, ihm nahe zu sein. Paul hat Bindungsangst und fühlt sich schnell erdrückt, wenn Jana ihn zu sehr einnimmt. Jana wiederum versucht, noch mehr zu tun, um seine Liebe zu gewinnen, und übersieht dabei ihre eigenen Bedürfnisse.
Marco hat Bindungsangst und vermeidet intensive emotionale Nähe. Anna spürt seine Distanz und versucht ständig, ihn zu erreichen. Sie gibt ihre eigenen Hobbys auf und verbringt jede freie Minute damit, ihm zu gefallen und seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Doch je mehr sie sich bemüht, desto mehr zieht sich Marco zurück. Anna fühlt sich leer und verzweifelt.
Folgen der Co-Abhängigkeit in einer Beziehung mit Bindungsangst
Beim Versuch, den Partner glücklich zu machen und die Beziehung zu retten, verlieren co-abhängige Menschen oft ihre eigenen Interessen, Freundschaften und Bedürfnisse aus den Augen.
Die ständige Bemühung die Beziehung zu stabilisieren, führt zu einem hohen Maß an emotionalem Stress und Erschöpfung. Co-abhängige Menschen fühlen sich oft ausgebrannt und hilflos.
Anstatt die Bindungsangst des Partners zu lindern, verstärkt Co-Abhängigkeit das Problem. Der Partner mit Bindungsangst fühlt sich je nach Ausprägung zunehmend eingeengt oder nicht gesehen. Während der eine immer mehr kontrolliert und anklammert, zieht sich der andere noch weiter zurück, was die Dynamik weiter verschärft.
Auswege aus der Co-Abhängigkeit
Der erste Schritt zur Veränderung ist, sich selbst ehrlich zu reflektieren und die Muster der Co-Abhängigkeit zu erkennen. Frage dich, warum du dich so stark auf die Bedürfnisse deines Partners konzentrierst und welche Ängste oder Unsicherheiten dahinterstecken. Häufig sind beide Partner von Bindungsangst betroffen, und verstärken diese Dynamik unbewusst gegenseitig.
Lerne, deine eigenen Bedürfnisse wieder wahrzunehmen und dich selbst zu respektieren. Nimm dir Zeit für dich selbst, pflege deine Hobbys und Freundschaften und achte darauf, dass du emotional ausgeglichen bist. Erst wenn du Respekt vor dir selbst gewinnst, erwacht die Freiheit, dich aus der Co-Abhängigkeit zu befreien, um den Partner und die Beziehung objektiver wahrzunehmen.
Es ist hilfreich, klare Grenzen zu setzen und diese auch zu kommunizieren. Das bedeutet, dass du lernen musst, Nein zu sagen und für deine eigenen Bedürfnisse einzustehen, ohne der Angst vor Ablehnung oder Konflikten nachzugeben. In vielen Fällen bedeutet das einfach „Ja“ zu dir selbst zu sagen, da die Erwartungen nicht vom Partner, sondern aus dir selbst kommen.
Erkennt eure Strategien, echte Beziehung zu vermeiden, um weniger verletzlich zu sein. Zeigt euch mit eurer Angst verletzt zu werden, und findet Wege, offen mit diesen Ängsten und Strategien umzugehen. Sprecht dabei in Ich-Botschaften und vermeidet das Beschuldigen und Verurteilen des Partners.
Sprich offen und ehrlich mit deinem Partner über deine Gefühle und Bedürfnisse. Erkläre, wie sich seine Bindungsangst auf dich auswirkt und was du dir von der Beziehung wünschst. Eine offene Kommunikation hilft dabei, Missverständnisse zu klären und neue Wege zu finden. Nimm die Angst deines Partners vor zu viel Nähe ernst. Ein „du musst doch keine Angst haben“ erzeugt nur Unverständnis.
Lass die Vorstellung los, dass dein Partner anders sein müsste, und du dich anstrengen und anpassen musst, um die Beziehung zu retten. Finde in dein eigenes Leben zurück, und verbinde dich mit deinen Bedürfnissen. Ohne Druck erlebt ihr neuen Raum, um euch völlig neu zu begegnen.
Fazit
Co-Abhängigkeit und Bindungsangst können eine Beziehung erheblich belasten und zu einem Kreislauf aus Nähe und Distanz führen, der beide Partner unglücklich macht. Es ist notwendig, sich selbst nicht zu verlieren und auf die eigenen Bedürfnisse zu achten. Durch Selbstreflexion, Selbstfürsorge und offene Kommunikation kannst du den Weg aus der Co-Abhängigkeit finden. Erinnere dich daran, dass du es verdienst in einer Beziehung zu sein, in der du dich selbst und deine Bedürfnisse respektierst. Das ist die Voraussetzung für den Respekt deines Partners und somit für echte Augenhöhe ohne Abhängigkeit.
Mach dir dein Leben schön
Dein Uwe
Themenstruktur Bindungsangst
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Hi, Uwe, sehr schönes Thema.
Auch ich bin davon betroffen. Es können beide hin und her switchen zwischen coabhängigkeit und Bindungsangst. Bei mir war es erst der Ex am Anfang mehr überangepasst und am Ende ich und hin und her. Offene Kommunikation ist wichtig, doch wir waren zu sehr gefangen und wussten nicht was geschieht. Heute nach 3 j der Trennung bin ich weiser, doch das wissen darüber hilft nicht alleine, es braucht die Übung und gute neue Erfahrung. Und es braucht professionelle Begleitung, diese möchte ich mir im zukünftigen Beziehungen unbedingt suchen. Spüre das sitzt sehr tief die muster. Schön deine Worte im Artikel zu lesen. Das trifft es. Merci und liebe Grüße aus Berlin, Nicole