Warum wir uns schuldig fühlen, wenn wir für uns selbst einstehen
Hast du jemals den Mut aufgebracht, deine Meinung zu sagen, nur um danach in einem Strudel aus Schuldgefühlen zu landen? Vielleicht hast du dich entschuldigt, obwohl du im Recht warst. Oder du hast versucht, die Dinge sofort „wiedergutzumachen“, selbst wenn es nichts zu reparieren gab. Dieses Muster ist tief in vielen von uns verankert, besonders wenn Bindungsangst im Spiel ist.
Warum das „Zu mir stehen“ so schwierig ist
Menschen mit Bindungsangst tragen oft die unbewusste Überzeugung in sich, dass sie nur dann geliebt werden, wenn sie konfliktfrei und anpassungsfähig sind. Das führt dazu, dass sie sich selbst klein machen und ihre Bedürfnisse zugunsten der Harmonie opfern. Doch der Moment, in dem sie doch einmal auf sich selbst hören und Grenzen setzen, fühlt sich bedrohlich an – fast wie ein Verrat am Partner.
In der Vergangenheit – oft schon in der Kindheit – wurde diese Überzeugung geprägt. Vielleicht hast du gelernt, dass dein Wert davon abhängt, wie gut du anderen gefällst, oder dass dein eigener Wille keine Berechtigung hat. Wenn du dich dagegenstellst, schleicht sich das Gefühl ein, du könntest jemanden enttäuschen, gegen dich aufbringen oder gar verlieren. Das Ergebnis sind Schuldgefühle, die dich dazu drängen, deine eigene Haltung zu revidieren.
Ein Beispiel aus dem Alltag
Nehmen wir an, dein Partner möchte ein Wochenende mit Freunden verbringen. Du hattest dich jedoch darauf gefreut, gemeinsame Zeit zu genießen, und sprichst das an. Natürlich sagst du das nicht klar und deutlich, sondern verpackst es in weichgespülte Phrasen. Doch schon in dem Moment, in dem du deine Enttäuschung äußerst, merkst du die Spannung im Raum.
Vielleicht zieht sich dein Partner zurück, wirkt genervt und verletzt oder er spricht nicht mehr. Deine Reaktion? Du sagst: „Es tut mir leid, es war nicht so gemeint. Bitte sei nicht Böse. Natürlich sollst du fahren! Ich will doch, dass du glücklich bist.“ Obwohl dein Bedürfnis berechtigt war, ziehst du es zurück – aus Angst, die Beziehung zu belasten.
Doch dieses Verhalten hat Konsequenzen, denn du fühlst dich übergangen, während dein Partner nicht einmal versteht, dass du Kompromisse eingehst, oder er verliert den Respekt vor dir. Die unausgesprochene Enttäuschung und deine unterschwellige Wut wächst – und mit ihr die Distanz.
Die tieferliegenden Muster
Schuld als Beziehungskleber
Menschen mit Bindungsangst neigen dazu, Schuldgefühle als Mechanismus einzusetzen, um Beziehungen zu „reparieren“. Sie denken, dass Konflikte nur durch Unterwerfung gelöst werden können. Es steht mir nicht zu – ist das Mantra.
Vermeidung von Verletzlichkeit
Zu sich selbst zu stehen erfordert Mut und die Fähigkeit, die eigene Verletzlichkeit zu zeigen. Doch Bindungsängstliche scheuen die Konfrontation, sich mit ihren Bedürfnissen zuzumuten – aus Angst, zurückgewiesen und ausgeschlossen zu werden.
Die Angst vor Verlust
Hinter dem Drang, alles wieder „in Ordnung“ zu bringen, steckt oft die Panik, die Liebe des Partners zu verlieren. Der Gedanke löst bei den Betroffenen Ohnmacht und Hilflosigkeit aus.
Wie du den Teufelskreis durchbrechen kannst
Akzeptiere deine Bedürfnisse
Deine Gefühle und Wünsche sind genauso berechtigt wie die deines Partners. „Zu dir zu stehen“ ist kein Angriff auf die Beziehung. Tatsächlich ist es der Inbegriff des „in Beziehung gehen“ – es ist ein Ausdruck von Selbstrespekt.
Erkenne die Schuldgefühle an
Schuldgefühle sind eine gute Erinnerung dafür, deine alten Muster zu durchbrechen. Anstatt sie zu verdrängen, frage dich: „Ist das Gefühl wirklich gerechtfertigt?“
Lass Raum für Reaktionen
Dein Partner muss nicht sofort mit Verständnis reagieren. Gib beiden Seiten Zeit, sich an deinen neuen Umgang mit Bedürfnissen zu gewöhnen. Höre dir vor allem die Meinung deines Partners an, statt sofort den Rückzug anzutreten. Überlege dir gute Argumente für dein Bedürfnis.
Erlaube dir deine Wut
Die gesetzte Grenze entspringt oft einer Wut, die du dir gewöhnlich nicht erlaubst. Doch diese Wut ist gut und wichtig. Akzeptiere dass deine Bedürfnisse genau so viel Wert haben wie die deines Partners. Lerne auf deine Wut stolz zu sein, statt dich dafür zu schämen. Unterscheide dabei Gewalt oder passive Aggression von echter und zielgerichteter Wut.
Arbeite an deiner Bindungsangst
Wenn du die Erfahrung machst, dich sicher und geliebt zu fühlen, ohne ständig Harmonie erzwingen zu müssen, wirst du immer weniger Angst vor Konflikten haben. Du darfst deine Beziehung mitgestalten, denn du bist jetzt erwachsen und selbstbestimmt. Dein Partner ist nicht deine Eltern!
Fazit: Beziehungen brauchen Authentizität
Deine Schuldgefühle sind kein Beweis dafür, dass du falsch liegst. Sie erinnern dich lediglich, dass du dich aus einem alten, einengenden Muster befreist. Je mehr du lernst, zu dir selbst zu stehen, desto authentischer und erfüllender werden deine Beziehungen. Du bist kein Feind eurer Harmonie – du bist der Schlüssel zu echter Nähe und Verständnis.
Vielleicht ist es an der Zeit, „Es war nicht so gemeint!“ gegen „Das ist mir wichtig!“ einzutauschen. Eine „echte“ Beziehung auf Augenhöhe wird dein Dank sein.
Dein Uwe
P.S. Zu vielen Themen gebe ich ganz private Einblicke in mein Leben und mein Learning. Falls dich das interessiert klicke unten auf den roten Button „+ Wie das Thema der Woche mich betrifft“
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Mach dir deien Beziehung schön,
Dein Uwe
Themenstruktur "Selbstbewusstsein stärken"
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