Ist es egosistisch, sich abzugrenzen?
In einer Beziehung verschmelzen wir oft mit unserem Partner und teilen alles miteinander – Freude, Sorgen, Träume. Doch in diesem Streben nach Einheit vergessen wir oft uns selbst. Eine lebendige Beziehung braucht jedoch Nähe UND Autonomie! Das ist kein Widerspruch, sondern eine wichtige Voraussetzung. Deshalb ist es so wichtig, sich in der Beziehung abzugrenzen und zu sich selbst zu stehen? In diesem Beitrag erkunden wir Wege, um in der Liebe selbstbewusst zu bleiben.
Warum Abgrenzung in der Beziehung so wichtig ist
Abgrenzung bedeutet nicht, sich vom Partner zu distanzieren oder weniger zu lieben. Es bedeutet, seine eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen zu erkennen und zu respektieren. Ohne Abgrenzung verlieren wir uns selbst, was langfristig zu Frustration und Unzufriedenheit in der Beziehung führen kann.
Beispiele für die Notwendigkeit der Abgrenzung
Lena liebt es, Zeit mit ihren Freundinnen zu verbringen und ihre Hobbys zu pflegen. Doch seit sie mit Tim zusammen ist, hat sie immer weniger Zeit für sich selbst, weil sie sich ständig seinen Wünschen anpasst. Sie beginnt, sich eingeengt und unglücklich zu fühlen, weil sie ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigt.
Mark hat eine starke Persönlichkeit und neigt dazu, Entscheidungen für beide zu treffen. Julia, die eher zurückhaltend ist, gibt oft nach, um Konflikte zu vermeiden. Doch innerlich wächst ihr Frust, weil sie das Gefühl hat, keine Stimme in der Beziehung zu haben.
Marlis liebt Lars über alles und fühlt sich verantwortlich dafür, dass diese Beziehung funktioniert. Ihre Verlustangst treibt sie dazu alles für ihn zu tun, und auf keinen Fall Forderungen zu stellen. Nach einiger Zeit merkt Marlis ihren stetig steigenden Frust, traut sich aber nicht mehr, ihr Verhalten zu ändern.
Warum fällt es uns schwer, uns abzugrenzen?
Viele Menschen vermeiden Abgrenzung, weil sie Angst haben, Konflikte zu verursachen oder ihren Partner zu verletzen. Sie glauben, dass Harmonie wichtiger ist als ihre eigenen Bedürfnisse, oder dass sie in einer Konfrontation nicht bestehen können.
Menschen mit Verlustangst wagen es sich kaum, Zeit für sich selbst zu beanspruchen, weil sie eine tiefe Angst vor dem „getrennt sein“ spüren, und auch, weil sie dadurch Kontrolle über ihren Partner abgeben müssten, was ihnen ebenfalls Angst macht.
Unsere Eltern waren meist ein schlechtes Beispiel dafür, sich abzugrenzen, und sich echte Qualitätszeit zu gönnen, oder sie haben unsere Abgrenzungsversuche bestraft, bzw. als egosistisch und falsch bewertet. Vielleicht haben sie sich auch auf eine Weise abgegrenzt, die wir als Kind als Zurückweisung interpretiert haben, welche uns tief verletzt hat.
Wenn wir aus mangelndem Selbstbewusstsein uns selbst nicht genug Wert beimessen, fällt es uns schwer, unsere Bedürfnisse und Grenzen zu kommunizieren. Wir glauben, dass unsere Wünsche weniger wichtig sind als die unseres Partners.
Die Angst, den Partner zu verlieren, kann dazu führen, dass wir uns selbst vernachlässigen und alles tun, um die Beziehung zu erhalten, selbst wenn es auf Kosten unserer eigenen Zufriedenheit geht.
Diese Muster sind besonders häufig bei Menschen mit Bindungsangst zu beobachten. Doch auch ein zu krasses Abgrenzen kommt bei Bindungsängstlichen vor, allerdings in Form von ungesunder Rebellion gegen sämtliche Erwartungen, infolge einer Anpassungs-Allergie.
Auswege und Wege zur gesunden Abgrenzung
Nimm dir Zeit, über deine eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Grenzen nachzudenken. Was ist dir wichtig? Was brauchst du, um glücklich und zufrieden zu sein? Je besser du dich selbst kennst, desto leichter fällt es dir, dich abzugrenzen. Erst wenn du weißt, was du willst, was dich glücklich macht, bzw. was dir Energie gibt, hast du ein „Warum“ für deine Abgrenzung.
Sprich offen und ehrlich mit deinem Partner über deine Bedürfnisse und Grenzen. Erkläre, warum sie dir wichtig sind und wie sie zu eurem beiderseitigen Wohl beitragen können. Ein liebevoller und respektvoller Dialog kann euch beiden helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Specht dabei auch über eure Ängste und Bedenken, und vereinbart einen Weg, der sich für beide gut anfühlt.
Lerne, Nein zu sagen, ohne Schuldgefühle zu haben. Es ist in Ordnung, deine eigenen Bedürfnisse zu priorisieren und Grenzen zu setzen. Dein Partner wird dich mehr respektieren, wenn du authentisch und ehrlich bist. Selbstfürsorge ist niemals egoistisch, sondern Notwendig.
Nimm dir bewusst Zeit für dich selbst und deine eigenen Interessen. Pflege deine Hobbys, triff dich mit Freunden, bilde dich weiter, und genieße deine eigenen Freiräume, somit hat auch dein Partner diesen Freiraum. Vermeidet dabei das abwerten der Hobbys oder Interessen des anderen. Dies stärkt euer Selbstbewusstsein und gibt euch neue Energie für die Beziehung.
Warte nicht darauf, dass dein Partner endlich für Gemeinsamkeiten zur Verfügung steht. Damit steigt nicht nur deine Frustration, sondern es verändert auch die Energie zwischen euch beiden. Dieser Druck erzeugtauch ohne Worte zwangsläufig Gegendruck. Besser sind gemeinsam getroffene verbindliche Absprachen, die die zweisame Zeit regeln.
Arbeitet gemeinsam daran, eure individuellen Bedürfnisse zu erkennen, auszusprechen, und zu respektieren. Mit Respekt meine ich, dass du die Bedürfnisse und Interessen wertungsfrei annimmst, und akzeptierst, auch wenn dir das weltfremd vorkommen sollte. Das beinhaltet auch, dass es in Ordnung ist, wenn der Partner sich nicht für dein Tun interessiert. Unterstützt euch gegenseitig dabei, selbstbewusst und authentisch zu sein. Eine gesunde Beziehung basiert auf gegenseitigem Respekt und Verständnis für das „anders sein“ des Parners.
Fazit
Abgrenzung in der Beziehung ist kein Zeichen von Schwäche oder Egoismus, sondern von Selbstbewusstsein und Selbstliebe. Indem wir unsere eigenen Bedürfnisse und Grenzen respektieren und kommunizieren, können wir eine tiefere und erfüllende Verbindung mit unserem Partner erleben. Es erfordert Mut und Ehrlichkeit, aber die Belohnung ist eine gesunde, respektvolle und liebevolle Beziehung, in der beide Partner authentisch und glücklich sein können.
Die Erwartung, alles gemeinsam zu machen führt bei beiden Partnern so gut wie immer zu Selbstaufgabe und Frustration. Das Loslassen dieser Erwartung bringt Leichtigkeit und Selbstbesimmung ins Liebesleben, und macht echte Begegnung erst möglich. Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich mit meinem Partner zusammen sein muss, oder ob ich mit ihm zusammen sein will.
Mach dir dein Leben schön
Dein Uwe
Themenstruktur "Selbstbewusstsein stärken"
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