Wie unser Selbstbild unsere Beziehung prägt!

5
(3)

Unser Selbsturteil im Spiegel unserer Eltern

Hast du jemals das Gefühl gehabt, nicht genug zu sein – egal, wie sehr du dich bemühst? Oder dich gefragt, warum du dich in deinen Beziehungen immer wieder unverstanden fühlst? Was wir über uns selbst glauben, wurzelt oft tief in unserer Kindheit. Die Art und Weise, wie unsere Eltern uns gesehen und behandelt haben, formt unser Selbstbild und prägt unbewusst, wie wir uns in Beziehungen verhalten. Vor allem Menschen mit Bindungsangst spüren diese Dynamik besonders intensiv – auch wenn sie sie nicht immer erkennen können.

 

Die Macht des elterlichen Spiegels

Von Geburt an suchen wir nach Orientierung. Als Kinder sind unsere Eltern die ersten und wichtigsten Spiegel unserer Existenz. Ihre Blicke, Worte und Handlungen formen unsere Überzeugung darüber, wer wir sind und welchen Wert wir haben.

Wenn ein Kind beispielsweise von seinen Eltern regelmäßig gelobt und geliebt wird, entwickelt es das Gefühl: „Ich bin gut, so wie ich bin.“ Doch was passiert, wenn diese Liebe an Bedingungen geknüpft ist? Wenn Lob nur dann kommt, wenn das Kind besonders brav oder erfolgreich ist? Dann entsteht ein anderes Bild: „Ich muss leisten, um geliebt zu werden.“

Für Kinder mit emotional abwesenden, kritischen oder inkonsequenten Eltern sieht die Realität oft noch härter aus. Sie wachsen mit dem Glauben auf, dass sie falsch, ungenügend oder nicht liebenswert sind. Dieses Selbstbild bleibt tief im Unterbewusstsein verankert – und begleitet uns als Erwachsene in unsere Beziehungen. Häufig ist diese negative Überzeugung über uns selbst die Keimzelle für bindungsängstliche Verhaltensweisen.

 

Ein Beispiel aus der Praxis

Lena hat eine Beziehung, die sie tief verunsichert. Ihr Partner Tom scheint immer wieder Distanz zu suchen, und sie fragt sich ständig, was sie falsch macht. Wenn er sich zurückzieht, fühlt sie sich abgelehnt und hilflos. Diese Dynamik weckt ihre Verlustangst, und sie versucht, ihm durch übermäßige Fürsorge und Anpassung näherzukommen.

Was Lena nicht erkennt: Ihre Reaktionen sind eng mit dem Verhalten ihrer Eltern verknüpft. Als Kind hatte sie einen Vater, der oft emotional unerreichbar war, und eine Mutter, die ihre Zuneigung nur zeigte, wenn Lena besonders „gut“ war. Dadurch hat sie den Glaubenssatz entwickelt: „Ich muss mich anstrengen, damit ich geliebt werde.“ Toms Verhalten triggert genau diese alte Wunde.

Wie dein Selbstbild deine Bindungsangst fördert

Menschen mit einem verzerrten Selbstbild neigen dazu, sich unbewusst in Beziehungen zu Partnern zu begeben, die ihre inneren Überzeugungen bestätigen. Ein negatives Selbstbild zieht oft Partner an, die Nähe vermeiden – denn das entspricht dem alten, vertrauten Muster.

Kontrolle ist ein psychologisches Grundbedürfnis, welches unsere Wahrnehmung durch den Filter unseres Selbstbildes verzerrt. Was nicht unserem geprägten Weltbild entspricht, wird ausgefiltert oder verfälscht. So ist es fast unmöglich, dieses Weltbild zu hinterfragen, weil jene Kontrolle, unser negatives Bild der Realität ständig bestätigt. Dies beeinflusst unter anderem unser Beuteschema, denn Partner die anders sind, als unsere Eltern, erscheinen uns merkwürdig oder tauchen gar nicht erst auf unserem Radar auf.  

 

Ein weiteres Beispiel:

Tom hatte eine Mutter, die ihn überbehütet hat. Sie nahm ihm jede Freiheit, weil sie ihn vor der düsteren und gefährlichen Welt schützen wollte. Als Erwachsener fällt es ihm schwer, Nähe zuzulassen, weil er Bindung als einengend empfindet. Sein Selbstbild ist geprägt von dem Glauben: „Ich bin nicht stark genug, um allein zu sein – aber Bindung macht mich schwach.“

Diese Überzeugungen führen dazu, dass Tom und Lena in einem Kreislauf aus Anklammern und Zurückweisen gefangen bleiben. Ihre Bindungsangst treibt sie auseinander, weil ihre verletzten Selbstbilder verhindern, dass sie sich wirklich sehen und verstehen können.

 

Der Weg aus alten Mustern

Der erste Schritt, um diese Dynamik zu durchbrechen, ist, die eigenen Glaubenssätze und ihr Zusammenspiel mit der Vergangenheit zu erkennen. Frag dich selbst:

  • Welche Botschaften habe ich als Kind über mich selbst erhalten?
  • Wie haben meine Eltern ihre Zuneigung oder Kritik ausgedrückt?
  • Gibt es Muster in meinen Beziehungen, die sich immer wiederholen?

Ein Coaching oder eine Therapie kann helfen, diese inneren Überzeugungen zu hinterfragen und neue, heilsame Sichtweisen zu entwickeln. Je mehr du dir darüber bewusst wirst, dass dein Selbstbild nicht die absolute Wahrheit ist, sondern von den Interpretationen deiner Kindheit, durch die Botschaften deiner Eltern geprägt wurde, desto freier kannst du dich von diesen Prägungen machen.

 

Heilung durch Selbstakzeptanz

Lena hat in einem Coaching gelernt, ihre Glaubenssätze zu erkennen und mit der Realität abzugleichen. Sie hat verstanden, dass sie nicht ständig leisten muss, um geliebt zu werden, und dass Jonas‘ Rückzug nichts mit ihrem Wert zu tun hat. Diese Erkenntnis hat ihr geholfen, sich selbst mehr anzunehmen und ihre Bedürfnisse klar zu kommunizieren – ohne in Panik zu geraten, wenn Jonas Zeit für sich braucht.

Auch Tom hat begonnen, sein Selbstbild zu hinterfragen. Er hat erkannt, dass Bindung nicht zwangsläufig einengt, sondern auch Sicherheit und Wachstum bieten kann. Schritt für Schritt hat er sich erlaubt, Nähe zuzulassen, ohne sich dabei schwach und kontrolliert zu fühlen.

 

Fazit: Dein Spiegel gehört dir

Dein Selbstbild ist ein mächtiges Instrument – es kann dich begrenzen oder befreien. Die Botschaften, die du als Kind von deinen Eltern erhalten hast, prägen deine Beziehungen, solange du dir ihrer nicht bewusst bist. Doch du kannst lernen, deinen inneren Spiegel neu auszurichten und alte Überzeugungen loszulassen. Dein Spiegel stammt von deinen Eltern, doch es ist dein Spiegel –es ist dein Leben – und du bist heute erwachsen.

Indem du dir selbst liebevoll begegnest und deinen Fokus auf deine positiven Eigenschaften lenkst, können deine alten Wunden heilen. Damit schaffst du die Grundlage für Beziehungen, die nicht von Angst, sondern von Vertrauen und Akzeptanz geprägt sind. Denn nur, wenn du dich selbst mit all deinen Facetten annimmst, kannst du auch andere wirklich lieben – ganz ohne die Schatten deiner Vergangenheit.

in Facebook teilen
auf LinkedIn teilen
per WhatsApp teilen
Wie mich dieses Thema ganz persönlich betrifft

Zu vielen Themen gebe ich ganz private Einblicke in mein Leben und mein Learning. Falls dich das interessiert klicke unten auf das „+ Wie das mich betrifft“

In meiner Erinnerung waren meine Eltern wirklich liebevoll und haben mich weitestgehend so angenommen wie ich bin. Es gibt einige wenige Schlüsselerlebnisse die mich das annehmen lassen, auch wenn mein Selbstbild etwas anderes bezeugt. Denn das was wir als Kind interpretieren ist selbstverständlich etwas ganz anderes als die „objektive Realität“.

Ein Schlüsselerlebnis…

…war ein Bekannter meiner Eltern, dem ich auf eine Frage, eine (für mich) ganz normale Antwort gegeben habe, welche meine Eltern nie beanstandet hätten. Er jedoch war außer sich, weil ich seine Ansicht hinterfragte, und „nicht so frech“ sein soll. Damals mit ca. 8 Jahren hat mich das schockiert, denn die Botschaft, die bei mir ankam war „Das steht dir nicht zu! Du bist falsch! Deine Meinung ist nicht relevant!“

Dass mich das so hart traf zeigt, dass ich in meinem gewohnten Umfeld durchaus meine Meinung sagen durfte, und nicht „zu vorlaut“ oder „zu viel“ war.

Viel später (mit ca. 15)…

…erinnere ich mich an einen Onkel, der mit uns am See zum Baden war. Sein Kommentar war „an dir ist ja nichts dran, da sieht man noch die Rippen durch“ Auch das traf mich hart, obwohl es sicher nicht so gemeint war. Ich selbst nahm mich damals als „ganz gut in Form“ wahr, und dieser Satz stellte das komplett in Frage.

Meine Reaktion zeigt, dass ähnliche Bemerkungen oder Bewertungen von meinen Eltern eher nicht kamen. Oder vielleicht doch? Warum ging ich damit so stark in Resonanz? Diese Menschen haben einen Knopf bei mir gedrückt, der vorher schon da war. Ein wunder Punkt in meinem Selbstbild.

Wie mein Selbstbild entstand

In jenem Selbstbild sind etliche Glaubenssätze und Selbsturteile verankert. Die meisten davon schienen negativ zu sein, doch als ich mehr darüber nachdachte, fand ich massenweise positiver Glaubenssätze, die im negativen Fokus unsichtbar blieben.

Dieses Bild über mich selbst, haben mir meine Eltern nicht bewusst eingepflanzt oder eingeredet. Es war fast immer meine eigene Interpretation dessen, wie meine Eltern und meine Umwelt auf mich reagierten.

Bedeutsam war, welche Schlüsse ich als Kind daraus zog:

  • Ob jemand da war, wenn ich jemanden brauchte.
  • Wie ich selber für mich sorgen konnte, wenn niemand für mich da war.
  • Wie Menschen auf mich und mein Aussehen reagierten.
  • Was gesagt wurde, und was dann tatsächlich getan wurde.
  • Was ich tun oder sagen musste, um etwas zurückzubekommen.
  • Wenn ich genötigt wurde, etwas über mich preiszugeben.
  • Welche Aktion zu welcher Reaktion führte.
  • Was ich tun konnte, um der Reaktion zu entgehen.
  • Wie ich mich unter Menschen fühlte, oder wenn ich alleine war.
  • Ob mir zugehört wurde, und wie das gesagte bewertet wurde.
  • Wie darauf reagiert wurde, wenn ich meine Gefühle oder Bedürfnisse zeigte.
  • Was mir vorgelebt wurde.
Es ist MEIN Selbstbild, im positiven wie im negativen Sinne.

Ich habe mein Leben lang gegensätzliche Beweise aus meiner Realität herausgefiltert, um dieses Selbstbild zu bestätigen. Mein Selbstbild hat nichts mit anderen Menschen oder Umständen zu tun, sondern nur mit meinen Interpretationen und ausschließlich mit mir.

ABER: Es hat einen erheblichen Einfluss darauf,

  • wie ich auf Menschen reagiere.
  • Wie ich mit mir selber umgehe und wie wichtig ich mich nehme.
  • Ob ich Grenzen setze und wie ich diese verteidige.
  • Wie ich mich verhalte.
  • Ob ich mich anvertraue.
  • Welche Energie ich in die Interaktion bringe.

Dies hat einen riesigen Einfluss darauf, welche Menschen heute in meinem Umfeld sind. Das ist kein Zufall. Alles fügt sich aus meinen Entscheidungen, und meinem Verhalten. Allein das zeigt, wie wirksam wir auf unser Leben einwirken können, sobald wir die Zusammenhänge begreifen.

Fazit

Dieses Selbstbild ist veränderlich, sobald du anfängst, dich neu wahrzunehmen. Denn dein Selbstbild ist meist so alt wie du selbst. Hast dich seitdem verändert? Würdest du die kindlichen Situationen heute anders interpretieren?

Passt dein Selbstbild noch zu dir?

Kannst du es glauben, wenn dich jemand positiver sieht, als du dich selbst?

Hast du dir schon mal Gedanken über deine positiven Glaubenssätze gemacht?

Wie hilfreich war dieser Beitrag?

Klicke auf die Sterne um zu bewerten!

Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 3

Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.

Weil du diesen Beitrag nützlich fandest...

Folge uns in sozialen Netzwerken!

Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!

Lasse uns diesen Beitrag verbessern!

Wie können wir diesen Beitrag verbessern?

Schreibe einen Kommentar