Gefühle unterdrücken bedeutet, deine Identität, deinen Willen, und deine Grenzen zu opfern

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Wir verlieren uns selbst wenn wir unsere Gefühle unterdrücken

Wenn wir unsere Gefühle unterdrücken, verlieren wir uns selbst – und merken es nicht einmal

Kennst du das Gefühl, einfach „funktionieren“ zu müssen? Dich durch den Tag zu schleppen, ohne genau zu wissen, was du eigentlich willst, wo deine Grenzen sind und ob das Leben, das du führst, wirklich deins ist? Vielleicht fühlst du dich innerlich leer oder abgeschnitten von dir selbst.

Das kann daran liegen, dass du schon lange deine Gefühle unterdrückst. Viele Menschen mit Bindungsangst haben früh gelernt, dass ihre Emotionen nicht sicher oder nicht erwünscht sind. Also haben sie angefangen, sich anzupassen – und mit jeder unterdrückten Emotion ein Stück von sich selbst aufgegeben.

Dieser Schutzmechanismus scheint harmlos, ist aber in Wahrheit eine der gefährlichsten Fallen für dein Selbst. Denn ohne deine Gefühle verlierst du deinen inneren Kompass.

Warum wir unsere Gefühle unterdrücken – Die unsichtbaren Wunden aus der Kindheit

Wir unterdrücken unsere Gefühle nicht ohne Grund. Dahinter stehen oft unbewusste Muster, die sich in der frühen Kindheit geformt haben:

1. Emotionen waren nicht erwünscht

Kinder sind von Natur aus emotional. Doch wenn die eigenen Eltern überfordert, kalt oder selbst unsicher gebunden waren, bekamst du vielleicht zu spüren, dass deine Gefühle „zu viel“ sind. Möglicherweise wurde dir signalisiert:

  • „Sei nicht so empfindlich!“
  • „Hör auf zu weinen, dafür gibt es keinen Grund!“
  • „Stell dich nicht so an!“

Um geliebt zu werden, hast du gelernt, wie du deine Gefühle unterdrücken kannst, statt sie auszudrücken.

2. Emotionen bedeuteten Gefahr

Wenn du in einer instabilen Umgebung aufgewachsen bist, in der es Streit, Gewalt oder emotionale Kälte gab, hast du deine eigenen Emotionen vielleicht als Bedrohung erlebt. Lieber warst du still, hast Harmonie hergestellt oder dich unsichtbar gemacht, als Wut, Trauer oder Angst zu zeigen.

3. Bindung war wichtiger als die eigene Wahrheit

Kinder sind vollkommen abhängig von ihren Eltern. Sie stellen ihre eigenen Bedürfnisse immer hinter den Wunsch, geliebt und umsorgt zu werden. Wer das Gefühl hatte, nicht so angenommen zu werden, wie er ist, entwickelt unbewusst die Strategie: „Ich muss mich anpassen – und dafür meine echten Gefühle unterdrücken.“

4.  Die Eltern hatten keinen Zugang zu ihren Gefühlen

Eltern die selbst ihre Gefühle unterdrücken, sind von den Gefühlen ihrer Kinder überfordert. Es verbindet sie mit den eigenen Emotionen, die sie selbst nicht mehr fühlen wollen. Vor allem Wut macht ihnen Angst, was die Eltern auf ungeeignete Weise verbieten oder bestrafen. Doch auch Trauer, Angst oder Scham sind unbequem und werden oft nicht geduldet. Doch die Gefühle gehören zusammen – wenn ich meine Wut unterdrücke, verkümmert auch meine Freude, und alle anderen Gefühle.

Das Tragische: Diese Schutzstrategie verliert nie ihre Macht – sie begleitet uns oft unbemerkt ins Erwachsenenleben und formt unsere Beziehungen.

Gefühle unterdrücken: Wie sich das in unserem Leben zeigt

Gefühle sind unser innerer Antrieb. Sie zeigen uns was wir wollen und wer wir sind. Gefühle geben uns Sinn und Lebenswillen. Menschen, die ihre Emotionen nicht bewusst fühlen, spüren oft stattdessen Symptome:

  • Ein tiefes Gefühl der inneren Leere
  • Permanente Selbstzweifel
  • Schwierigkeiten, zu wissen, was sie wollen
  • Überangepasstheit in Beziehungen und sozialen Kontakten
  • Kaum spürbare oder explosive Wut
  • Depression und Antriebslosigkeit
  • Trauer – wo Wut angebracht wäre
  • Keine klaren Grenzen setzen können
  • Erschöpfung und Stress, ohne zu wissen, warum
  • Sich selbst nicht fühlen „wo fange ich an, wo höre ich auf“

 

Dadurch fallen Bindungsängstliche oft in eine von zwei Strategien:

👉 Sie vermeiden Beziehungen, weil Nähe zu viele unterdrückte Emotionen triggern könnte.

👉 Sie klammern sich an die falschen Partner, weil sie hoffen, dass jemand anderes ihnen zeigt, wer sie sind und was sie fühlen dürfen.

Wie du wieder Zugang zu dir selbst bekommst

Es gibt einen Weg aus diesem Schutzmechanismus – aber er beginnt nicht im Kopf, sondern im Körper. Gefühle sind keine rationalen Gedanken, sie sind Empfindungen, die sich nur dann zeigen, wenn sie gespürt werden dürfen.

  1. Werde dir bewusst, wann du deine Gefühle unterdrücken willst

Achte auf Sätze wie:

  • „Ist nicht so schlimm.“
  • „Für mich ich jetzt keine Zeit.“
  • „Es geht schon wieder“
  • „Ich muss stark sein, nur keine Schwäche zeigen“
  • „Ich sollte mich nicht so anstellen.“
  • „Was sollen die anderen über mich denken?“

All das sind Schutzmechanismen, um nicht fühlen zu müssen.

  1. Verstehe, dass deine Gefühle berechtigt sind

Jede Emotion hat eine Daseinsberechtigung. Jedes Gefühl ist richtig und wichtig. Es gibt keine schlechten Gefühle! Du musst niemandem beweisen, dass dein Schmerz „schlimm genug“ ist, um ihn fühlen zu dürfen.

  1. Spüre deine Gefühle im Körper

Gefühle sind körperlich, vor allem im Brust-Bauch-Raum. Spüre, wo du Anspannung hast, wo es drückt oder kribbelt – dein Körper zeigt dir den Weg zurück zu dir selbst. Lass diese Körpersymptome zu und frage dich: „Welches Gefühl verbirgt sich dahinter?“

  1. Finde deine eigenen Grenzen

Grenzen setzen bedeutet, dass du für dich und deine Wahrheit einstehst – selbst wenn andere das nicht verstehen. Deine Emotionen sind dein Recht.

  1. Höre in dich hinein

Deine Bedürfnisse und Gefühle sind verschüttet, aber nicht ganz weg. Fühle was du gerade brauchst, und sorge gut für dich. Jedes Gefühl ist wichtig und es wert, gefühlt zu werden. Befrage das Gefühl – „was will es mir jetzt gerade sagen?“

  1. Hole dir Unterstützung

Oft ist es schwer, alte Schutzmuster alleine zu durchbrechen. Coaching oder Therapie helfen dir, deinen inneren Kontakt wiederherzustellen, und deine Emotionen aktiv zuzulassen.

Fazit: Deine Gefühle unterdrücken bedeutet, sich selbst aufzugeben – es ist Zeit, dich zurückzuholen!

Je länger du deine Gefühle unterdrückst, desto weiter entfernst du dich von deiner eigenen Identität. Doch du kannst zurück zu dir selbst finden. Es braucht Mut, deine unterdrückten Emotionen anzusehen – doch darin liegt deine Freiheit.

Denn erst, wenn du wieder spüren kannst, wer du bist und was du fühlst, kannst du wirklich lieben – und eine Beziehung aufbauen, die sich sicher und echt anfühlt.

Bist du bereit, dich selbst wiederzufinden? Dann beginne jetzt.

Mach dir dein Leben schön

Dein Uwe

 

P.S. Zu vielen Themen gebe ich ganz private Einblicke in mein Leben und mein Learning. Falls dich das interessiert klicke unten auf den roten Button „+ Wie das Thema der Woche  mich betrifft“

Wie das Thema der Woche  mich betrifft

Auch ich hatte keinerlei Kontakt zu mir selbst. Meine Selbstschutzstrategien kamen aus der Kindheit, und wurden in der Pubertät nochmal verstärkt. „Ich muss meine Gefühle unterdrücken! Wenn ich zeige wie es in mir aussieht, überfordere ich meine Eltern, und mache mich von außen angreifbarer“.

Ich habe noch heute den Spruch meiner Mutter in den Ohren: „Wenn andere dich ärgern, ignoriere sie einfach, und zeige nicht, dass du verletzt bist, dann lassen sie bald von dir ab“. Offensichtlich war das auch ihre Strategie, und ja, es hat funktioniert.

Die Botschaft dahinter: „wenn ich nicht fühle bin ich unangreifbar“.

Rückwirkend verstehe ich: Wenn meine Eltern keinen Kontakt zu ihren Gefühlen haben, sind sie mit meinen Gefühlen überfordert. Um empathisch zu sein muss ich mich mit meinem Gefühl verbinden, um das im Gegenüber zu fühlen. Wenn ich in mir nichts Passendes finde, bleibe ich ohnmächtig und verständnislos.

Es ist ein ziemlicher Spagat, zum einen überangepasst zu sein, und dennoch keinen Kontakt zu den eigenen Gefühlen zu haben, denn das eine bedingt das andere. Wir Bindungsängstlichen bekommen das scheinbar mühelos hin, wir hatten ja viel Zeit zum üben. Unsere Empathie ist mehr auf Erinnerung und Angst gestützt, als auf echtes mitfühlen.Denn um Erwartungen zu erfüllen, muss ich meine Gefühle unterdrücken.

Was uns Bindugsängstliche und Verlustängstliche vereint ist, dass wir zu viel in der Trauer sind, wo eigentlich Wut das richtige Gefühl wäre, doch die Wut ist den meisten von uns nicht zugänglich, denn wir assoziieren sie mit Gewalt und Zerstörung.

Während Wut das Gefühl der Veränderung und der Trennung ist, bewirkt Trauer Akzeptanz und Verbindung. Das ist die Keimzelle für Bindungs- und Verlustangst. Weil wir die Bindung beschützen wollen, haben wir Angst vor unserer Wut. Wir verharren in lähmender Akzeptanz, statt uns mit unseren Bedürfnissen zu zeigen. Die Beziehung passiert uns, und der Partner ist schuld.

Beispiele und Ansätze

Zwei Situationen haben sich in meinem Gehirn eingebrannt, die den schlechten Kontakt zu meinen Gefühlen belegen:

Die erste Situation…

…war in einer meiner ersten Beziehungen, die damit endete, dass meine Partnerin keine Lust mehr hatte, mit jemanden zusammen zu sein, der keine Meinung hat, und dem alles egal ist. Nach der Beziehung habe ich mich reflektiert, und in mir gesucht, was ich will oder wozu ich stehe.

Meine erste Annahme war, dass da etwas ist, was ich ihr zuliebe zurückhielt. Doch in Wirklichkeit war da einfach nichts, zumindest nichts Greifbares. Ich kam in meinem Leben nicht vor. Ich hatte mich beim Gefühle unterdrücken selbst verloren. Erst durch eine „so tun als ob“ Strategie konnte ich wieder einigermaßen Kontakt zu mir und meinen Gefühlen herstellen. Doch nach wie vor kam mir das bedrohlich vor.

Die zweite Situation…

…war ein Mitarbeitender, der mir häufig vorwarf, seine Bedürfnisse nicht anzuerkenne obwohl er sie äußerte. Damals war ich noch nicht so weit um zu wissen, dass jeder Mensch seine eigene Realität und Prägung in sich trägt.

Meine Realität: „Ich kann mich auf niemanden verlassen, muss es selbst schaffen, will niemanden zur Last fallen. Wenn ich nicht für mich sorge tut es niemand“

Seine Realität: „Ich muss perfekt sein um nicht abgelehnt zu werden. Ohne Anerkennung von außen bin ich wertlos. Nicht gesehen werden oder Kritik lehnt mich als Mensch ab.

Unser beider Realität: „andere sehen die Wellt genauso wie wir!“ Und wieder zeigt sich – was ich in mir nicht finde, kann ich bei anderen nicht verstehen. Ich konnte die ersehnte Anerkennung nicht geben, weil ich keine Anerkennung von außen erwarte.

Erst mein Verständnis über die menschliche Wahrnehmung, und die Dynamiken in zwischenmenschlichen Beziehungen, haben mich in echte Verbindung gebracht. Und das wiederum hat mich gelehrt, dass ein Dasein ohne Gefühle viel näher am Tod ist, als am Leben.

Reflektion für dich

Wo hast du das Gefühl, nicht in deinem Leben vorzukommen?

Glaubst du wirklich, du wüsstest, wie es anderen geht, oder was sie brauchen?

Hast du den Hauch einer Ahnung davon, wie es dir gerade geht, oder was du jetzt brauchst?

Wie könntest du das herausfinden?

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