Wann bist du gut genug?
Wir alle streben danach die beste Version von uns selbst zu sein, besonders in einer Beziehung. Doch was passiert, wenn dieser Drang nach Perfektion uns selbst und unsere Partnerschaft erdrückt? Wie wirken sich überhöhte Erwartungen an uns selbst auf die Beziehung aus und wie können wir den Kreislauf durchbrechen? Lass uns gemeinsam herausfinden, warum Perfektion ein Beziehungskiller ist und wie wir zu mehr Gelassenheit und Zufriedenheit finden können.
Perfektion als Beziehungskiller
Perfektionismus kann uns dazu bringen uns ständig selbst zu kritisieren und zu glauben, dass wir nie gut genug sind. In einer Beziehung führt dieser innere Druck zu großen Spannungen. Wir setzen nicht nur uns selbst unter immensen Stress, sondern übertragen diese Erwartungen oft auch unbewusst auf unseren Partner. Aktionismus, Zweifel, Vorwürfe und Selbstaufgabe bringen eine Energie in die Beziehung, die jede Liebe langfristig vergiftet.
Bindungsängstliche benutzen den Perfektionismus als willkommene Ausrede, um sich nicht tief auf den Partner einzulassen. Der Gedanke und Zweifel, ob das nun wirklich schon der perfekte Partner ist, verhindert eine echte Bindung. Verbreitet ist auch die Überzeugung, dass der Partner mich ohnehin verlässt, sobald er bemerkt, dass ich selbst nicht gut genug und seiner nicht würdig bin.
Der versteckte Nutzen der Perfektion ist demnach der Irrglaube, dass ich mich erst verletzlich zeige und einlasse, wenn der perfekte Partner gefunden ist.
Woher kommt die Perfektionserwartung?
Perfektion soll uns in erster Linie vor Angriffen und Abwertung von außen beschützen wie ein Schutzschild, an dem jede Kritik abprallt. Der Gedanke “wenn ich perfekt bin, kann mir keiner etwas anhaben“, beruhigt unser geringes Selbstwertgefühl vor der Konfrontation mit unserer gefühlten Kleinheit.
Häufig ist der Perfektionsgedanke von einem perfektionistischen Elternteil geerbt oder er entstand dadurch, dass wir es den Eltern nie gut genug machen konnten. Wenn wir z. B. mit einer eins aus der Schule kamen, wurden wir angemeckert, weil wir nicht die volle Punktzahl hatten. Oder wir haben eine Aufgabe ausgeführt und konnten danach zusehen, wie sie von unseren Eltern noch einmal und diesmal „richtig“ gemacht wurde.
Wir erwarten unbewusst, dass wir verlassen werden, wenn wir einmal nicht perfekt sind. Da Perfektion nicht nur subjektiv, sondern auch unerreichbar ist, entsteht ein dauerndes Defizit, welches durch Aktionismus oder Prokrastination ausgeglichen wird. Wenn es nicht perfekt wird, fange ich gar nicht erst an.
Ein perfekter Mensch darf keine Fehler oder Schwächen haben, demnach gehen wir mit unseren menschlichen Schwächen gnadenlos ins Gericht und werten uns selbst ab. Dennoch erwarten wir auch von unserem Partner Perfektion auf allen Gebieten. Zweifel und Unzufriedenheit in der Beziehung sind die Folge.
Beispiele für Perfektionismus in der Beziehung
Sarah ist überzeugt, dass sie die perfekte Partnerin sein muss. Sie kümmert sich um den Haushalt, plant romantische Überraschungen und versucht alle Erwartungen von Max zu erfüllen. Doch innerlich fühlt sie sich ständig ausgelaugt und unzureichend. Max bemerkt ihre Unzufriedenheit, aber weiß nicht, wie er ihr helfen kann. Ihre Beziehung leidet unter dem ständigen Druck, den Sarah auf sich selbst ausübt.
Daniel glaubt, dass er immer stark und fehlerlos sein muss. Er spricht nie über seine Ängste oder Schwächen, weil er denkt, dass er Laura enttäuschen könnte. Laura fühlt sich oft ausgeschlossen und sehnt sich nach emotionaler Nähe. Daniels Perfektionismus führt jedoch dazu, dass er sich immer mehr emotional von Laura distanziert, weil es unmöglich ist nur die unerwünschten Gefühle zurückzuhalten. Das schwächt ihre Verbindung.
Warum Perfektionismus schädlich ist
Perfektionismus führt zu ständiger Selbstkritik, da wir einem Ideal nachlaufen, welches wir nie erreichen können. Wir setzen uns unter Druck, weil wir uns nie gut genug fühlen, was uns letztlich nicht nur unglücklich und gestresst macht, sondern auch die Beziehung belastet.
Die Erwartungen, die wir an uns selbst, an den Partner und an unsere Beziehung stellen, sind oft unerreichbar. Dies führt zu Frustration, Zweifeln und Enttäuschung, sowohl bei uns selbst als auch bei unserem Partner.
Der Druck perfekt zu sein, kann dazu führen, dass wir unsere wahren Gefühle und Bedürfnisse unterdrücken. Unsere subjektive Vorstellung von Perfektion hat meist wenig mit dem zu tun, wer wir wirklich sind. Demnach setzen wir dauernd eine Maske auf und spielen eine Rolle, die unsere Schwächen verbirgt. Dies erschafft eine emotionale Distanz in der Beziehung und verhindert echte Intimität.
Wir sind überzeugt davon, dass wir keinerlei Anspruch auf Freizeit oder Selbstfürsorge haben, solange wir nicht perfekt sind, und es garantiert keinen Anlass zur Beanstandung gibt. Allein der Gedanke daran etwas gutes für uns selbst zu tun, erfüllt uns mit Angst und Scham.
Dein Perfektionsstreben – gepaart mit deiner Unsicherheit – macht dich empfänglich für Partner mit narzisstischen Persönlichkeitszügen, welche sich mit dir schmücken wollen. Da Narzissten ihre Unsicherheit abgespalten haben, um ihre perfekte Fassade zu schützen, besteht die Gefahr, dass dein eh schon geringer Selbstwert in den Schuldzuweisungen untergeht.
Auswege aus dem Perfektionismus
Akzeptiere, dass du nicht perfekt bist und dass das in Ordnung ist. Jeder Mensch hat Schwächen und macht Fehler. Erkenne deine Stärken und feiere kleine Erfolge anstatt dich ständig zu kritisieren. Mit ein wenig Übung erkennst du auch die verborgenen Stärken, die du etabliert hast, um deine Schwächen zu vermeiden oder zu verbergen.
Überdenke die Erwartungen, die du an dich selbst und deine Beziehung hast. Sind sie realistisch und fair? Setze dir erreichbare Ziele und sei gnädig mit dir selbst, wenn du sie nicht immer erreichst. Bitte falle nicht darauf rein, was dir in Illustrierten oder auf Facebook & Co. als „Normal“ angepriesen wird. Dies sind gestellte und nachbearbeitete Momentaufnahmen oder Tipps und Storys, die dir das perfekte Leben vorgaukeln. Das hat nichts mit dem echten Leben im Alltag zu tun.
Sprich mit deinem Partner über deine Ängste und den Druck, den du empfindest. Offene und ehrliche Gespräche können helfen, Missverständnisse zu klären und Unterstützung zu finden. Öffne dich deinem Partner gegenüber mit deiner Angst verlassen zu werden, wenn du nicht perfekt bist.
Schaffe mit deinem Partner einen zeitlich begrenzten und sicheren Rahmen, in dem du unperfekt sein darfst, ohne verlassen oder angeklagt zu werden. Vergrößere diesen Rahmen und Zeitraum in dem Maße, wie du dich sicherer fühlst.
Achtung!!! Falls du mit einem Narzissten liiert bist, erwartet und benutzt er deine Perfektion für seine Selbstdarstellung. Jeder Versuch für ihn gut genug zu sein, läuft hier ins Leere. Hole dir in diesem Fall bitte unbedingt externe Hilfe, solange dein Selbstvertrauen noch groß genug ist.
Nimm dir Zeit für dich selbst und tue Dinge, die dir Freude bereiten. Ich weiß, ich wiederhole mich, doch Selbstfürsorge ist weder Egoismus noch Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um emotional und körperlich gesund zu bleiben. Nur du allein bist verantwortlich für dein Glück!
Akzeptiere, dass du perfekt unperfekt bist. Durch das liebevolle Annehmen deiner Schwächen und Makel verlieren sie ihre Macht über dich. Sobald du akzeptierst, dass du ein Mensch mit Stärken und Schwächen bist, kannst du es auch deinem Partner zugestehen, unperfekt zu sein.
Wenn dein Partner nicht für konstruktive Gespräche offen ist und du Schwierigkeiten hast deinen Perfektionismus allein zu überwinden, kann es hilfreich sein, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein Therapeut oder Coach wird dir dabei helfen, gesunde Verhaltensmuster zu entwickeln und dein Selbstvertrauen, deine Selbstliebe und dein Selbstwertgefühl zu stärken.
Fazit
Perfektionismus belastet dein Selbstbild und deine Beziehung auf eine tückische Art, die von Zweifeln und Selbstaufgabe geprägt ist. Es ist existentiell, dass du lernst, dich selbst so anzunehmen wie du bist und realistische Erwartungen zu setzen. Indem du Selbstakzeptanz und Selbstfürsorge in dir verankerst, kannst du den Druck loslassen immer besser sein zu müssen. Du wirst staunen, wie leicht und frei eine Beziehung ohne deinen Perfektionsgedanken sein kann. Du bist wertvoll und gut genug einfach so wie du bist. Weder du noch deine Beziehung muss perfekt sein, damit du dich glücklich und angenommen fühlen kannst.
Mach dir dein Leben schön
Dein Uwe
Themenstruktur "Selbstbewusstsein stärken"
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wie immer GROßARTIG, danke für diesen Impuls.
Somit ist der Perfektionsimus ja die „perfekte“ Verhinderung von Nähe und echter Verbundenheit, ja, sie steht sich sozusagen „perfekt“ selbst im Weg.
Der eine macht zuviel und erdrückt damit den anderen, dem anderen aber reicht es nie, so das sich dieser Kreislauf „perfekt“ selbst am Leben erhält.
„Lieber das alte Bekannte, als das neue Unbekannte“ -> das ist die „perfekte“ Psycho- Logik“, und verursacht bei so vielen Menschen immer wieder Kopfzerbrechen und damit auch Kopfschmerzen.